Qualitätsstandards des Netzwerks österreichischer Frauen- und Mädchenberatungsstellen
Dieses Grundlagenpapier beschreibt die Standards für qualitativ hochwertige Frauenberatung. Es wurde 2000 entwickelt (adaptiert: 2005) und 2017/18 neu bearbeitet und erweitert. Die "Qualitätsstandards" sind ein gemeinsames und verbindliches Dokument der Frauen- und Mädchenberatungsstellen im Netzwerk. Wir freuen uns natürlich auch, wenn sich Beratungsstellen außerhalb unseres Netzwerks an diesen Standards orientieren.
Vorwort
Kapitel 1: Grundlagen/Leitbilder
Kapitel 2: Qualitätsstandards
Conclusio und Ausblick
Anhang 1: Mitgliedseinrichtungen des Netzwerks österreichischer Frauen- und Mädchenberatungsstellen
Anhang 2: Literaturtipps
Vorwort
Die Beratungsstellen im Netzwerk österreichischer Frauen- und Mädchenberatungsstellen sind offene Anlaufstellen, an die sich Frauen* und Mädchen* mit privaten und beruflichen Anliegen wenden können. Sie sind parteiunabhängige, überkonfessionelle und gemeinnützige Vereine mit einer Mischfinanzierung aus öffentlichen Geldern. Dadurch sind die meisten Angebote für Frauen* und Mädchen* kostenfrei. Die erste Frauenberatungsstelle wurde 1981 in Wien gegründet. 1995 waren es bereits 28 Beratungsstellen, die sich zu einem Netzwerk zusammenschlossen. Seither hat sich die Zahl der Mitgliedseinrichtungen mehr als verdoppelt und das Netzwerk wächst noch immer.
Die hier vorliegende Qualitätsbroschüre baut auf den ersten Qualitätsstandards des Netzwerks von 2000 (adaptiert 2005) auf. Daraus wurde vor allem das Kapitel 2 „Qualitätsstandards“ übernommen und überarbeitet. Erweitert wurde die Broschüre um das Kapitel 1 „Grundlagen/Leitbilder“. Die Broschüre nimmt Bezug auf neue feministische und Gender- Diskurse und Begrifflichkeiten. So haben wir uns auch für die Verwendung des * entschieden, als Zeichen für offenere und fließende Geschlechter-Identitäten, jenseits einer starren Mann/Frau-Zweigeschlechtlichkeit. Wir verwenden * wenn es Frauen* und Männer* als Personen betrifft, nicht aber in zusammengesetzten Wörtern wie Frauenräume oder Frauenrechte. Wir haben diese Mischform in der Verwendung des * aus Gründen der Übersichtlichkeit und Lesbarkeit gewählt.
Die Qualitätsbroschüre versteht sich als Leitfaden
- um feministische Standards und Prinzipien in der Frauen- und Mädchenberatung zu gewährleisten und weiter zu entwickeln
- um eine gemeinsame und gleichzeitig vielfältige Stimme in einem größeren feministisch-frauenpolitischen Zusammenhang zu sein
- um Fördergeber_innen und neuen Initiativen eine Orientierungshilfe beim Aufbau von Beratungsangeboten zu geben
Die Umsetzung der Empfehlungen richtet sich nach den Möglichkeiten der einzelnen Beratungsstellen. Nicht zuletzt geht es nämlich immer auch um ein Austarieren verschiedener Kräfte: hier die feministischen Ansprüche, dort die realpolitischen Gegebenheiten. Die kontinuierliche Auseinandersetzung darüber im Netzwerk ist eine wichtige Stütze, um diesen Balanceakt erfolgreich zu gestalten, im Sinn einer qualitativ hochwertigen Beratung für Frauen* und Mädchen*.
1. Grundlagen/Leitbilder
Dieses erste Kapitel widmet sich den Werten, Zielen und Haltungen, auf denen das Selbstverständnis der Beratungsstellen des Netzwerks aufbaut. Sie bilden gleichzeitig auch die Basis für die tägliche Arbeit mit Frauen* und Mädchen*. Die Entwicklung von Frauenrechten und von feministischen Strömungen wird auf den folgenden Seiten immer wieder mit der konkreten Arbeit in den Beratungsstellen verknüpft und in einen Zusammenhang gestellt.
1.1 Frauenrechte in Österreich im Wandel der Zeit
Wir beziehen uns in diesem Abschnitt vorwiegend auf die Geschichte der Frauenbewegungen in Europa ab ca. 1900, da wir hier auch die Entstehung und Entwicklung der Frauen- und Mädchenberatungsstellen verortet sehen. Dabei ist uns bewusst, dass dies nur einen kleinen Teil des weltweiten Kampfes um Frauenrechte abbildet. Unser Anliegen ist daher auch nicht eine vollständige Darstellung der Errungenschaften und Kämpfe. Vielmehr geht es uns darum zu zeigen, dass Frauen* bereits einen weiten Weg gegangen sind, dass aber das Ziel der tatsächlichen Gleichstellung von Männern* und Frauen* noch lange nicht erreicht ist.
1.1.1 Historischer Abriss
Die Geschichte der Frauenbewegungen wird in Europa und in den USA, in drei ‚Wellen‘ beschrieben:
In der ersten Welle ging es für die Frauen* um Staatsbürger_innenrechte. Es galt, das Wahlrecht zu erobern, das Recht auf Bildung und Erwerbsarbeit und den Zugang zu den Universitäten.
In der zweiten Welle der Frauenbewegung ging es, beflügelt durch die verschiedenen 1968er Befreiungsbewegungen, vor allem um den eigenen Körper, um die Definitionsmacht und Selbstbestimmung über Körper und Sexualität. (Sexuelle) Gewalt, Verhütung, Abtreibung und ganz allgemein die ‚Befreiung (aus der Abhängigkeit) vom Mann*‘ waren zentrale Themen.
In der dritten Welle, seit etwa 1990, baut die Frauenbewegung auf bisherigen Errungenschaften auf und entwickelt sich gleichzeitig weiter: Starre Konzepte von Geschlechtsidentität und Sexualität werden zunehmend in Frage gestellt. Zudem geht es auch darum, eurozentristische Ansätze zu überwinden und, in einem intersektionalen Ansatz, weitere Formen von Benachteiligung, zum Beispiel aufgrund von Hautfarbe, Klasse, Behinderung oder sexueller Orientierung, miteinzubeziehen.
Frauenräume
Während der Zweiten Frauenbewegung entstanden auch in Österreich viele autonome Frauenräume und -projekte von Frauen* für Frauen*: die ersten Frauenhäuser, Frauencafés, Frauen/Lesbenzentren, Frauennotrufe, Zeitschriften und Verlage. Auch die Gründung von Anlaufstellen für Migrantinnen* fällt in diese Zeit. Die Frauenpolitik seit den 1990er Jahren war hingegen einerseits geprägt von institutionalisierter Frauenpolitik – so entstanden in Österreich erstmals zwei Frauenstaatssekretariate, Vorläuferinnen des heutigen Frauenministeriums. Zum anderen gründeten engagierte Feministinnen zahlreiche Frauenprojekte, darunter auch viele der heute noch bestehenden Frauen- und Mädchenberatungsstellen.
1.1.2 Gleichstellung in Österreich: Was wurde erreicht, was bleibt zu tun?
Heute dürfen wir unbestritten auf einige Erfolge der Frauenbewegungen zurückblicken: Das Wahlrecht, der Zugang zu Bildung, die Beteiligung am Erwerbsleben und an der Politik wurden durchgesetzt. Auch ein dichtes Netz von Fraueneinrichtungen im ganzen Land ist Teil dieser Erfolgsgeschichte. Besonders stolz darf Österreich auf ein auch international anerkanntes Gewaltschutzgesetz und auf die Einrichtung einer Interventionsstelle für Betroffene vom Frauenhandel sein. Auch dem im internationalen Vergleich besonders hohen Gender Pay Gap sollen neue Gesetze für Einkommenstransparenz wirksamer entgegen treten.
Vieles bleibt aber noch zu tun: Zum einen arbeiten Frauen* viel öfter als Männer* in niedrigen Positionen. Zum anderen sind typisch männliche (meist technische) Berufe nach wie vor besser bezahlt als Berufsfelder, in denen vorwiegend Frauen* tätig sind (z.B. Pflege, Betreuung, Verkauf). Hier bräuchte es dringend eine gerechtere Bewertung von Arbeit und auch eine Erweiterung der traditionellen nach Geschlechtern segregierten Berufswahl. Zudem schultern Frauen* nach wie vor den Großteil der unbezahlten Arbeit bei der Versorgung von Kindern, älteren und kranken Familienangehörigen und im Haushalt. Nicht zuletzt deshalb arbeiten Frauen* oft Teilzeit und verdienen nach wie vor deutlich weniger als Männer*, ein Ungleichgewicht, das sich in der Pension noch verstärkt. Altersarmut von Frauen* ist weit verbreitet. Eine gerechtere Verteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit gehört daher nach wie vor zu den Kernforderungen der Frauenbewegung. Darüber hinaus braucht es weiterhin ein starkes Lobbying für „Null Toleranz von Gewalt“, da noch immer erschreckend viele Frauen* und Kinder von Gewalt betroffen sind. Auch die Verwendung einer Sprache, die beide Geschlechter mit einbezieht, wird immer wieder hinterfragt. In der Politik übernehmen Frauen* mittlerweile zwar viele Funktionen, in den Entscheidungspositionen finden sich dennoch vorwiegend Männer*.
Insgesamt zeigt die Erfahrung, dass es zum einen darum geht, Gesetze laufend zu verbessern, zum anderen müssen aber auch bereits bestehende Errungenschaften immer wieder bestätigt, verteidigt und abgesichert werden. Als Frauen- und Mädchenberatungsstellen sehen wir uns hier immer wieder auch in einer Rolle als Mahnerinnen und als Wächterinnen von Frauenrechten.
1.2. Feminismus bzw. Feminismen heute
Feminismus bezeichnet nicht etwas Einheitliches, sondern eine historisch gewachsene Vielzahl von Konzepten und Diskursen. Daher ist der Begriff „Feminismen“ zutreffender. Innerhalb der Frauen- und Mädchenberatungsstellen kamen und kommen immer wieder verschiedene feministische Zugänge, die wir weiter unten kurz beschreiben, als Haltung in der täglichen Arbeit zum Tragen. Unterschiede ergeben sich durch Entwicklungen im Laufe der Geschichte und aufgrund unterschiedlicher Ansätze der Teams und Mitarbeiterinnen*.
1.2.1. Was wir unter Feminismus verstehen
Feminismus bezeichnet sowohl einen theoretischen Diskurs als auch politische Bewegungen, die für Gleichberechtigung, Menschenwürde, die Selbstbestimmung von Frauen*, sowie gegen Sexismus und Diskriminierung auf verschiedenen Ebenen eintreten.
Den einen, „richtigen“, Feminismus gibt es nicht – ebenso wenig, wie es „die Frauen“ und „die Männer“ als einheitliche Gruppen gibt. Feministisches Handeln bemüht sich vielmehr um eine spezifische Haltung und um einen Blick auf die gesamte Gesellschaft, der sensibel für Benachteiligungen aller Art ist, der sich kritisch gegenüber Machtausübung und Unterdrückung von verschiedenen Personengruppen äußert, und der offen ist für eine fortwährende Reflexion der eigenen Praxis.
In unseren Frauen- und Mädchenberatungsstellen bedeutet feministisches Handeln Beratungs-, Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit mit dieser reflexiven Haltung. Das Ziel ist ein grundlegender Wandel der Gesellschaft auf vielen Ebenen, hin zu einer insgesamt sozial gerechteren Welt für alle.
Feministisches Arbeiten beinhaltet für uns dabei auch die bewusste Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Perspektiven und Ansätzen, die zueinander meist nicht in Konkurrenz stehen sondern einander ergänzen:
Der Gleichheits-Ansatz geht davon aus, dass Frauen* und Männer* grundsätzlich gleich sind und deshalb gleiche Rechte und Pflichten haben sollen. Aus diesem Ansatz heraus entstehen Forderungen nach dem gleichen Zugang zu allen Formen von Bildung, zu allen Ressourcen, Gremien und Machtpositionen. Auch Gleichstellungsmaßnahmen und Quotenregelungen sind typische Instrumente des Gleichheitsgedankens.
Der Differenz-Feminismus betont Fähigkeiten und Leistungen von Frauen* und fordert deren Aufwertung. Forderungen, die aus dem Differenz-Ansatz heraus entstehen, sind zum Beispiel das Sichtbarmachen von Frauen* in der Sprache und die Notwendigkeit, eigene Frauenräume zu schaffen oder Frauengeschichte zu erforschen.
Der konstruktivistische Ansatz betont, dass die Unterschiede zwischen den Geschlechtern historisch und sozial konstruiert sind, und richtet den Blick auf die Veränderlichkeit von Geschlechterrollen und den eigenen Beitrag daran, das eigene Tun („doing gender“).
Dekonstruktivistische oder queere Ansätze stellen zusätzlich die Norm eines Zwei-Geschlechter-Modells in Frage und betonen, dass es mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede zwischen Frauen* und Männern* gibt. Sensibilität für Themen wie Transgender oder Intersex ist diesem Ansatz inhärent.
Der diversitätsorientierte bzw. intersektionale Ansatz verknüpft Geschlecht mit anderen Merkmalen – wie Alter, sexuelle Orientierung, körperliche Fähigkeiten, Herkunft oder religiöse Zugehörigkeit – und kann dadurch Doppel- und Mehrfachdiskriminierungen und deren Verknüpfungen (z.B. als lesbische Muslimin*, als Migrantin* mit Behinderung, etc.) in den Blick nehmen.
1.2.2. Wozu braucht es Frauen- und Mädchenberatungsstellen?
Die größte Herausforderung ergibt sich derzeit aus der Widersprüchlichkeit: Auf der einen Seite sind Gleichberechtigung und Geschlechtergerechtigkeit aus rechtlicher Sicht bereits umgesetzt und werden von vielen Menschen als Selbstverständlichkeit erlebt. Auf der anderen Seite haben sich die Geschlechterverhältnisse und die soziale Praxis kaum geändert. Nach wie vor sind Frauen* stark von Gewalt betroffen, verdienen deutlich weniger als Männer* und sind überwiegend für Familienarbeit zuständig.
Frauen- und Mädchenberatungsstellen nehmen wahr, wie sich diese gesellschaftlichen Ungleichheiten in der Lebenssituation einzelner Frauen* abbilden. Sie unterstützen nicht nur Frauen* und Mädchen* bei der Verbesserung ihrer individuellen Situation, sondern sind auch „Seismografen“ und können strukturelle Benachteiligungen thematisieren und aufzeigen. Hier ist ihre wichtige Funktion für die Politik begründet.
Mitarbeiterinnen* von Frauen- und Mädchenberatungsstellen entwickeln einen sensibilisierten Blick für Ausgrenzung und Diskriminierung und können demokratiefeindliche Tendenzen in der Gesellschaft identifizieren. Sie beziehen Stellung für die Anerkennung von Vielfalt auf Basis gleicher Rechte und gegen Dominanz und Ausgrenzung.
1.3 Die Arbeit in den Frauen- und Mädchenberatungsstellen
Frauen- und Mädchenberatungsstellen unterstützen Frauen* und Mädchen* bei der Lösung individueller Probleme, die häufig durch strukturelle Diskriminierung aufgrund des Geschlechts sowie aufgrund von Herkunft, Alter, Behinderung, sexueller Orientierung etc. entstehen. Die Angebote der Beratungsstellen umfassen auch Maßnahmen, die der Information und Prävention dienen. Sie leisten damit einen Beitrag zur Aufhebung der gesellschaftlichen, strukturellen und/oder rechtlichen Benachteiligung von Frauen* und Mädchen* im Sinne der UN-Konvention zur Beseitigung jeder Form der Diskriminierung der Frau, BGBl. 443/1982.
1.3.1 Unser Auftrag
Wir machen die Anliegen von Frauen* und Mädchen* sichtbar und schaffen Räume für Austausch, Information und Beratung. Wir zeigen Missstände auf und entwickeln Konzepte zur Veränderung. Wir sind politisch unabhängig und setzen uns entlang unserer feministischen Grundüberzeugung für eine Gesellschaft ein, in der diskriminierende Strukturen erkannt und verändert werden. Wir ermutigen Frauen* dazu, ein selbstbestimmtes Leben zu führen und dabei auch ihre Gender-Rolle und damit einhergehende Benachteiligungen kritisch zu reflektieren.
1.3.2 Unsere Ziele
Unser zentrales Ziel ist die Verbesserung der Lebensqualität von Frauen* und Mädchen* in Österreich. Wir versuchen dabei, sowohl auf der persönlichen als auch auf der gesellschaftlichen Ebene anzusetzen.
Nach wie vor ist unsere Gesellschaft so organisiert, dass Frauen* und Mädchen* in vielen Lebensbereichen benachteiligt werden – manchmal offensichtlich, manchmal auch erst auf den zweiten Blick erkennbar. Ziel unserer Arbeit ist daher zum einen, Frauen* und Mädchen* dabei zu unterstützen, individuelle Lösungsstrategien zu finden – auch für Problemlagen, deren Ursachen in gesellschaftlichen Strukturen liegen.
Parallel dazu sehen wir es als unsere Aufgabe, die strukturellen Benachteiligungen von Frauen* und Mädchen* in all ihrer Unterschiedlichkeit immer wieder öffentlich aufzuzeigen und uns aktiv für die Veränderung dieser Strukturen einzusetzen. Wir benennen dabei auch gesellschaftliche Zwänge wie zum Beispiel Heteronormativität und eine daraus folgende Diskriminierung.
1.3.3 Unsere Zielgruppe/Diversität
Unsere zentrale Zielgruppe sind Frauen* und Mädchen* in unserer Migrationsgesellschaft. Dabei berücksichtigen wir die Vielfalt und Individualität von Frauen* und Mädchen*. Kategorien wie Alter, Herkunft, körperliche Fähigkeiten, sexuelle Orientierung etc. beeinflussen immer auch den Alltag von Menschen. Parteiliche Arbeit für Frauen* und Mädchen* bedeutet für uns auch, dass wir wissen, wie Zugehörigkeiten zu diskriminierten Gruppen sich auf den konkreten Alltag auswirken können. Dieses Wissen stammt nicht zuletzt auch aus eigenen Erfahrungen: Wir legen großen Wert darauf, dass sich die Vielfalt von Frauen* und Mädchen* in Österreich auch in der Zusammensetzung unserer Teams widerspiegelt.
1.3.4 Herausforderungen reflektieren
Frauen- und Mädchenberatungsstellen arbeiten nicht isoliert sondern sind zutiefst eingebettet in gesellschaftliche, politische und wirtschaftliche Zusammenhänge. Daraus erwachsen unterschiedliche Ansprüche, die mitunter im Widerspruch zueinander stehen. Wir sind bestrebt, uns diesen Herausforderungen zu stellen und in einem reflexiven Prozess unsere eigene Haltung zu schärfen. So schaffen wir die Grundlage, um unsere Positionen innerhalb realpolitischer Gegebenheiten zu verhandeln und auszuloten. Diese Spannungsfelder betreffen beispielsweise den von uns angestrebten anonymen und freiwilligen Zugang der Klientinnen* zu den Angeboten der Beratungsstellen versus Zuweisung oder Datenweitergabe, wie sie oft von Fördergeber_innen gefordert wird. Aber auch Unterschiede zwischen Beraterinnen* und Klientinnen* in Bezug auf Werte und Haltungen sind immer wieder eine Herausforderung.
Wir betrachten diesen reflexiven Ansatz als wichtiges Qualitätsmerkmal unserer Arbeit, als Voraussetzung, uns immer wieder neu auszurichten, ohne Bestehendes und Bewährtes über Bord zu werfen: ein lebendiger Entwicklungsprozess, der Bedürfnisse und Grenzen und deren Veränderungen konstant in den Blick nimmt.
Es geht darum, in einem Viereck aus gesetzlichen Rahmenbedingungen, wirtschaftlichen Anforderungen, Wünschen und Bedürfnissen der Klientinnen* und unseren eigenen Prinzipien die Balance zu halten. In diesem Geviert bewegen sich die einzelnen Mitarbeiterinnen*, die Teams, die Einrichtungen als Ganzes und in weiterer Folge auch unser Netzwerk. Das kontinuierliche Weiterentwickeln der dafür nötigen reflexiven Kompetenzen geschieht im kollegialen oder begleiteten Austausch, in Supervision, Coaching und Teamentwicklung.
2. Qualitätsstandards
Das 2. Kapitel widmet sich den Qualitätsstandards in Bezug auf Rahmenbedingungen (Strukturqualität), Qualität des Beratungs- bzw. Arbeitsprozesses (Prozessqualität) und erbrachte Leistungen (Ergebnisqualität). Die Qualitätsstandards wirken nach innen und außen: Sie bilden zum einen die Grundlage für die tägliche Arbeit der Frauen- und Mädchenberatungsstellen, zum anderen können sie auch Orientierung bieten für Förderungen oder auch bei der Gründung neuer Beratungseinrichtungen.
2.1 Strukturqualität
Frauen- und Mädchenberatungsstellen sind überkonfessionelle, parteilose und gemeinnützige Organisationen. Die Teams arbeiten nach Möglichkeit multiprofessionell und die Angebote richten sich an alle Frauen* und Mädchen*. Eine offene Haltung und ein ganzheitlicher Beratungsansatz, der die vielfältigen Lebensrealitäten, Anliegen und Probleme von Frauen* und Mädchen* in den Blick nimmt, zählen zu den Grundprinzipien.
2.1.1 Zugangs- und Nutzungsmöglichkeiten für Frauen* und Mädchen*
Die Beratungsstelle soll für alle Frauen* und Mädchen* offen und leicht zugänglich sein. Dies wird gewährleistet durch:
• Niederschwelligkeit
- Beratungs-und Öffnungszeiten sowie telefonische Erreichbarkeit, angepasst an die Bedürfnisse der Frauen* und Mädchen* und an die regionalen Gegebenheiten
- Außerhalb der Öffnungszeiten: Information auf Anrufbeantworter und Homepage
- Gute Erreichbarkeit der Beratungsstelle, wenn möglich mit öffentlichen Verkehrsmitteln; ein ‚anonymer‘ Zugang zur Beratungsstelle kann von Vorteil sein
- Ansprechende, barrierefreie Räumlichkeiten
- Informationsmaterialien in einfacher Sprache, möglichst auch mehrsprachig
- Besonders leicht zugängliche Angebote wie kostenlose Infoabende und Vorträge
- Telefonische und/oder Onlineberatung, besonders in dringenden Fällen oder Notsituationen
• Freiwilligkeit: Die Beratung soll für Frauen* und Mädchen* freiwillig und auf deren Wunsch erfolgen. Das ist eine wichtige Voraussetzung für eine starke positive Motivation und eine vertrauensvolle Beziehung zur Beraterin*.
• Schutz: Frauen- und Mädchenberatungsstellen sind Frauenräume. Beratungen werden von Frauen* durchgeführt (für nähere Erläuterungen siehe Punkt 2.2)
2.1.2 Räumliche Ausstattung
Eine freundliche, anonyme, geschützte und ungestörte Atmosphäre gewährleistet eine hohe Qualität der Beratung.
Jede Beratungsstelle sollte daher zumindest über folgende Räume verfügen:
• Wartebereich (wenn möglich mit Informationsmaterial und Spielmöglichkeit)
• Einzelberatungsraum
• Büroraum
Wünschenswert wären zudem ein Gruppenraum, eine Bibliothek mit frauenspezifischer Literatur und ein Kinderspielbereich.
Die Beratungsstelle und die einzelnen Räume sollen barrierefrei zugänglich sein.
2.1.3 Personelle Ressourcen: Qualifikation und Kompetenzen von Beraterinnen* und Teams
Die Beraterinnen* von Frauen- und Mädchenberatungsstellen bringen unterschiedliche Grundberufe, persönliche Erfahrungshintergründe (wie soziokulturelle Herkunft, Alter, Lebensentwürfe), Zusatzqualifikationen und Kenntnisse mit. Sie schaffen damit die Voraussetzung für ein multiprofessionell und interdisziplinär arbeitendes Team.
2.1.3.1 Ausbildung, Berufserfahrung
Für die Tätigkeit relevante Grundausbildung wie zum Beispiel Universität, Fachhochschule, Sozialakademie u. ä.) und/oder eine gleichwertige Berufserfahrung im psychosozialen Bereich. Für die Arbeit mit speziellen Zielgruppen kann die Beratungsstelle die notwendige Qualifikation entsprechend festlegen (z. B. Mehrsprachigkeit, interkulturelle Kompetenzen).
Zusatzqualifikationen in Bezug auf Beratung und/oder Therapie und feministische Grundlagen (frauenspezifische Beratung, Therapie- und Beratungstechniken, Arbeit mit spezifischen Zielgruppen, Gender- und Diversity bzw. Intersektionalität)
Kenntnisse/Wissen über
• Ursachen, Auswirkungen und Formen individueller und struktureller Gewalt durch patriarchale, heteronormative Machtverhältnisse - insbesondere auch häusliche Gewalt, sexuelle Gewalt und staatliche Gewalt.
• Ebenen frauenspezifischer Diskriminierung und deren Ineinandergreifen (Intersektionalität)
• neue Ansätze der Frauen- und Genderforschung und die politischen Rahmenbedingungen für Gendergleichstellung
• Lebenssituation und Sozialisation von Frauen* und Mädchen* sowie Möglichkeiten und Grenzen der Unterstützung durch einen Beratungsprozess
• unterschiedliche Lebensentwürfe und Gender-Identitäten: lesbisch/bi/hetero - Beziehungsformen, queere, trans* und intersexuelle Identitäten
• die Bedürfnisse verschiedener Zielgruppen, zum Beispiel Sprachkenntnisse, spezifische Gesetzgebungen (Fremdenrecht, Asylrecht, Gleichbehandlungsgesetze), Wissen um die Bedeutung von soziokultureller Herkunft für das Individuum, Erfahrung in der Arbeit mit Dolmetscher_innen* (Fremdsprache, Gebärdensprache) und kulturellen Mediatorinnen* und Mediatoren*
• den Zugang zu Arbeitsmarkt und Bildungsangeboten
• weitere relevante Unterstützungsstrukturen
• Leitungs- und Organisationsabläufe
• Grundlagen des Projektmanagements
2.1.3.2 Persönliche Qualifikationen
• Eine feministische Grundhaltung, die den in Kapitel 1 beschriebenen Prinzipien entspricht
• Selbsterfahrung sowie Selbstreflexion der eigenen Geschlechterrolle und der eigenen professionellen Rolle
• Fähigkeit zur Reflexion der eigenen Tätigkeit und zur Selbstevaluierung
• Teamfähigkeit
• Fähigkeit des aktiven Zuhörens und Verständnis für die Prozesse, die in einer Beratungssituation eine Rolle spielen
• Offenheit für unterschiedliche Lebensweisen und –erfahrungen
• Empathie für die Situation der Frauen* und Mädchen*, die in die Beratung kommen
• Bereitschaft zu Weiterbildung und Supervision
• Fähigkeit zu professioneller Distanz
2.2 Prozessqualität der Beratung
Neben einem freundlichen und persönlichen Empfang in ansprechenden, barrierefreien Räumlichkeiten sind vor allem die folgenden Kriterien ausschlaggebend für einen qualitätsvollen Beratungsprozess:
2.2.1 Ethische und fachliche Grundprinzipien von Frauen- und Mädchenberatung
• Ganzheitlichkeit: Die Beratung berücksichtigt alle Aspekte weiblicher Lebensbedingungen und setzt das soziale, psychische und körperliche Wohlergehen zueinander in Verbindung.
• Gemeinsame Betroffenheit: Die Beraterin* ist sich der grundsätzlichen gemeinsamen Betroffenheit durch das Frau*-Sein und durch strukturell bedingte Probleme (wie Diskriminierungen oder Gewalt gegen Frauen*) bewusst. So kann im Beratungsprozess Vertrauen aufgebaut werden; Frauen* und Mädchen* fühlen sich angenommen.
• Parteilichkeit: Die individuellen Interessen von Frauen* und Mädchen* stehen im Zentrum der Beratung. Parteilichkeit ist jedoch mehr als bloße Anwaltschaft; sie thematisiert auch Machtverhältnisse und ungleiche Bedingungen von Frauen* und Männern* und wirkt so einer scheinbaren Objektivität und der Verschleierung von diskriminierenden Strukturen entgegen .
• Wertschätzung: Frauen* und Mädchen* werden mit Respekt behandelt und als Expertinnen* ihres eigenen Lebens anerkannt.
•Hilfe zur Selbsthilfe: Die Beratung gründet auf dem Vertrauen in die Selbstheilungs- und Selbstregulierungskräfte mit dem Ziel, Selbstvertrauen und Selbstbewusstsein zu stärken.
• Ressourcenorientierung: Die Beratung nimmt vor allem die Stärken und weniger die Defizite von Frauen* und Mädchen* und ihren Lebenssituationen in den Blick.
• Lösungsorientierung: Unter Einbeziehung der Lebensrealitäten der Frauen* und Mädchen* werden gemeinsam Schritte für eine Veränderung erarbeitet.
• Professioneller Beratungsansatz: In der Beratung kommen der Situation angemessene und fachlich anerkannte Methoden zum Einsatz. Wichtig ist die kontinuierliche Reflexion und Weiterentwicklung der eigenen professionellen Haltung der Beraterin* (durch Weiterbildung, Supervision u.ä.).
• Datenschutz: Psychosoziale Beratung erfolgt für die Frauen* und Mädchen* unter Einhaltung des Datenschutzgesetzes, auf Wunsch und sofern dies möglich ist auch anonym. Dies ist eine Grundbedingung für ein positives Vertrauensverhältnis zur Beraterin*.
2.2.2 Qualitätskriterium: ‚Frauen* beraten Frauen*‘
In Frauen- und Mädchenberatungsstellen beraten (mit wenigen Ausnahmen) ausschließlich Frauen*. Es ist wichtig, dass die Beraterinnen* dabei auch eine professionelle Distanz einnehmen, die auf Selbstreflexion und der Reflexion weiblicher Rollenmuster und Lebensbedingungen in unserer Gesellschaft gründet.
Psychologische, kulturelle und soziale Gründe sprechen für das Prinzip der ‚Beratung von Frauen* und Mädchen* durch Frauen*‘:
• Empathie aufgrund der gemeinsamen Betroffenheit der Diskriminierung von Frauen* in unserer Gesellschaft und dadurch Entlastung vom Gefühl des persönlichen Versagens
• Erleichterung des Aufbaus einer Vertrauensbasis zwischen Frauen*/Mädchen* und Beraterin*
• Stärkung des weiblichen Selbstbewusstseins durch Auflösung gängiger Gender-Hierarchien (männliche Experten und weibliche Ratsuchende bzw. Untergebene)
• Geschützter Rahmen, vor allem für Betroffene* von männlicher Gewalt und für Mädchen* und Frauen* aus stark geschlechtersegregierten Kulturen
• Sichtbarmachen von Unterschieden zwischen Frauen* aufgrund von verschiedenen sozialen Verortungen und persönlichen Merkmalen
• Modellfunktion der Beraterin* für Möglichkeiten der Weiterentwicklung von Berufs- und Lebensperspektiven der Klientin*
Zudem werden in Frauen- und Mädchenberatungsstellen qualifizierte Arbeitsplätze und leitende Stellen für Frauen* geschaffen und das Berufsbild der „Mädchen- und Frauenberaterin“ gefestigt
2.3 Ergebnisqualität
Hier geht es darum, zu erheben, ob die Ziele des Beratungsprozesses bzw. der Beratungsstelle erreicht wurden und wie die Klientinnen*, Mitarbeiterinnen* und Kooperationspartner_innen die Qualität der Beratung beurteilen. Da das Ergebnis eines Beratungsprozesses immer auch auf strukturelle und prozesshafte Aspekte verweist, ist das Erheben der Ergebnisqualität auch eine geeignete Grundlage für die Reflexion der Struktur- und Prozessqualität.
Methoden:
Die Bewertung ist meist in den Arbeitsalltag integriert; sie erfolgt also durch die Frauen- und Mädchenberatungsstellen selbst, mit Unterstützung geeigneter Instrumente, wie z.B. Statistiken, Befragung der Klientinnen*, Teambesprechungen oder kollegiale Intervision. Zusätzlich kann es nützlich sein, bei der Evaluierung eine Außensicht einzuholen, wie z.B. durch Supervision, Organisationsberatung oder eine externe Evaluierung.
2.3.1 Zufriedenheit und Nutzen der Beratung für Frauen* und Mädchen*
Zufriedenheit bezieht sich vor allem auf den momentanen Eindruck und gibt Auskunft über Räume, Zugänglichkeit, Erstkontakt und Beratungsprozess. Auch wie kompetent, freundlich, empathisch oder respektvoll die Beraterin(nen*) erlebt wurde(n) lässt sich so erheben. Als Instrumente bieten sich direkte Einzel- oder Gruppenbefragungen der Frauen* und Mädchen* an, oder auch eine Bewertung durch einen Fragebogen.
Der Nutzen kann unter Umständen erst später beurteilt werden. Dabei geht es um die Frage, was die Beratung bewirkt hat. Es ist daher oft sinnvoll, Frauen* und Mädchen* zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal zu befragen, um Auskunft über den Langzeiteffekt zu bekommen.
Aus Sicht der Frauen- und Mädchenberatung verfolgt Beratung u.a. folgende Ziele :
- Information und Klärung
- Entlastung, Stärkung und Ermutigung (Empowerment)
- Erweiterung des Handlungsspielraums
- Verwirklichung eigener Vorstellungen
- Entwicklung neuer Perspektiven
- Veränderung im Verhalten (Selbstfürsorge; Selbstverantwortung)
- Entdecken und Verwirklichen des eigenen Potentials
- Entwickeln eines Weges, um aus einer nicht gewünschten oder problematischen Situation heraus zu kommen
Zusätzlich können auch noch allgemeine Kriterien für den Erfolg von Beratungen erhoben werden, wie zum Beispiel
• Stabilisierung
• Information über Wissen und Rechte
• Prävention oder Beenden von Gewaltsituationen
• Existenzsicherung
Ein zentraler Ansatz der Frauen- und Mädchenberatungsstellen ist: Frauen* und Mädchen* werden als Expertinnen* ihres eigenen Lebens anerkannt. Ziel ist es, sie bei der Erarbeitung ihrer eigenen Möglichkeiten zu unterstützen. Daher kann es sein, dass ein Wunsch der Klientin* nach einer konkreten Handlungsanleitung nicht erfüllt wird. Auch aus diesem Grund ist eine spätere, nochmalige Befragung oft aufschlussreich.
Die Ergebnisqualität kann weiters auch entlang der in Punkt 2.3.2 und in Punkt 2.3.3 beschriebenen Kriterien erhoben werden:
2.3.2 Inanspruchnahme durch die Zielgruppe:
Eine zumeist quantitative Erhebung gibt Aufschluss darüber, wer sich wie oft, aus welchen Gründen und in welcher Form an die Beratungsstelle wendet, wie zum Beispiel:
- Anzahl und Art der Beratungen, z.B. telefonisch, persönlich, online; Einzel- und Gruppenberatungen
- Vermittlung durch andere Einrichtungen an die Frauen- und Mädchenberatungsstelle, wie z.B. Arbeitsmarktservice (AMS), Schulen
- Diversität der Zusammensetzung der Zielgruppe; wer wurde angesprochen? Zum Beispiel: Frauen* und Mädchen* unterschiedlicher Altersgruppen, Herkunft, Bildung, mit unterschiedlichen Anliegen; aus welchem Einzugsgebiet?
Zudem kann auch die Teilnahme an den verschiedenen Angeboten, wie z.B. Veranstaltungen, Infoabende, Weiterbildungen, Beratungen statistisch erhoben werden.
2.3.3 Wie beurteilen Mitarbeiterinnen* und Kooperationspartner_innen die Qualität der Ergebnisse?
Mitarbeiterinnen*
Für die Evaluierung der eigenen Arbeit und der Ergebnisqualität erweisen sich unterschiedliche Instrumente, einzeln und/oder in Kombination, als hilfreich, wie z.B. Teambesprechungen, Supervision, Fallbesprechungen, Klausurtage, Organisationsentwicklung, aber auch regelmäßig stattfindende Mitarbeiterinnengespräche. Ein vielfältiges Angebot an Reflexionsmöglichkeiten dient sowohl der Qualitätssicherung als auch der Entlastung und Stärkung der Mitarbeiterinnen*.
Kooperationspartner_innen
Frauen- und Mädchenberatungsstellen sind zumeist regional gut verankert und stehen in vielfältigem Austausch mit unterschiedlichen Akteuren und Akteurinnen. Jour Fixes oder andere regelmäßige Austauschtreffen dienen dazu, diese Kontakte zu pflegen; sie ermöglichen aber auch, die Qualität dieser Vernetzungen laufend zu evaluieren. Zudem bieten sie den Frauen- und Mädchenberatungsstellen die Erfahrung einer zusätzlichen Außensicht auf ihre Angebote.
Conclusio und Ausblick
Wir verstehen unsere Arbeit in den Beratungsstellen und im Netzwerk als lebendigen Prozess, der gesellschaftliche Veränderungen abbildet, einbezieht und manchmal auch mitgestaltet. Spannungsfelder, die sich aus und in unserer Arbeit ergeben, versuchen wir immer wieder auch als Herausforderung wahrzunehmen, die zur Schärfung unseres Profils und unserer Position beitragen. Die Weiterentwicklung der Beratungseinrichtungen sowohl in internen Prozessen als auch gemeinsam im Rahmen der Vernetzung der österreichischen Frauen- und Mädchenberatungsstellen ermöglicht es, die Qualität der Beratung zu gewährleisten und laufend zu verbessern. Manche Prinzipien haben sich bereits in der ersten Version der Qualitätsstandards von 1997 gefunden und wurden beibehalten oder zeitgemäß neu formuliert. Andere Fragen und Diskussionen sind dazugekommen, neue Begrifflichkeiten der Genderforschung haben in unsere Auseinandersetzungen Eingang gefunden. Insgesamt verstehen wir uns als Teil des feministischen Diskurses und sind bestrebt, ein lebendiges Netzwerk zu sein und zu bleiben, im regen Austausch miteinander, mit unseren Kooperationspartner_innen und vor allem mit den Frauen* und Mädchen*, die sich an unsere Beratungsstellen wenden.
Anhang 1:
Mitgliedseinrichtungen des Netzwerks österreichischer Frauen- und Mädchenberatungsstellen (Stand Jänner 2018)
BURGENLAND
Frauenservicestelle „Die Tür“ Eisenstadt http://www.frauenservicestelle.org/
Frauen für Frauen Burgenland - Frauen-, Mädchen- und Familienberatungsstelle Güssing http://www.frauenberatungsüdbgld.at/
Frauenservicestelle „Die Tür“ Mattersburg http://www.frauenservicestelle.org/
Der Lichtblick - Frauen- und Familienberatung, Neusiedl am See http://www.der-lichtblick.at/
Frauenberatungsstelle und Frauenberufszentrum Oberpullendorf http://www.frauen-op.at/
Frauen für Frauen Burgenland – Frauen-, Mädchen- und Familienberatungsstelle Oberwart http://www.frauenberatungsüdbgld.at/
KÄRNTEN
Mädchenzentrum Klagenfurt http://www.maedchenzentrum.at/
Belladonna – Frauenberatung und Familienberatung, Klagenfurt https://frauenberatung-belladonna.at/
Frauenberatung Villach http://www.frauenberatung-villach.at/
WIFF - Frauen- und Familienberatung, Völkermarkt http://www.wiff-vk.at/
Frauenservice- und Familienberatungsstelle Wolfsberg http://www.fraueninfo.at/
OBERÖSTERREICH
Frauenberatungsstelle Inneres Salzkammergut, Bad Ischl http://www.frauensicht.at/
Frauenberatungsstelle Frau für Frau, Braunau am Inn http://www.fraufuerfrau.at/
Frauenberatungsstelle BABSI, Freistadt http://www.babsi-frauenberatungsstelle.at/
aFZ - autonomes Frauenzentrum, Linz http://www.frauenzentrum.at/wp/
ARGE SIE Frauenberatung, Linz http://arge-obdachlose.at/arge-sie/
maiz – autonomes zentrum von & für migrantinnen, Linz http://www.maiz.at/
Frauennetzwerk Rohrbach http://www.frauennetzwerk-rohrbach.at/
INSEL - Mädchen- und Frauenzentrum, Scharnstein http://www.imfz.at/
Frauenberatungsstelle BABSI, Traun http://www.babsi-frauenberatungsstelle.at/
NIEDERÖSTERREICH
Frauenberatung Mostviertel, Amstetten http://frauenberatung.co.at/
Frau & Arbeit – Arbeitsspezifische Beratung für Frauen, Amstetten http://www.frauundarbeit.or.at/
UNDINE Frauen für Frauen, Baden http://www.undine.at/
Frauenforum Gänserndorf http://www.frauenforum-gsdf.at/
Frauen für Frauen Hollabrunn, Mistelbach, Stockerau http://frauenfuerfrauen.at/
Lilith Frauenzimmer Krems http://www.lilith-frauenberatung-krems.at/
ALFA Beratungsstelle, Mödling http:// www.vereinalfa.at
Kassandra – Frauen- und Familienberatungsstelle, Mödling http://www.frauenberatung-kassandra.at/
Verein Frauenzentrum St. Pölten http://www.frauen-zentrum.at/
Frauen- und Familienberatung Freiraum, Ternitz http://www.frauenberatung-freiraum.at/
Verein Wendepunkt – Frauenberatung und frauenspezifische Psychotherapie, Wiener Neustadt http://www.wendepunkt.or.at/
Frauenberatung Waldviertel, Zwettl http://www.fbwv.at/
SALZBURG
KoKon beratung + bildung für frauen, Altenmarkt http://www.kokon-frauen.com/
Frauentreffpunkt, Frauenberatung Salzburg https://www.frauentreffpunkt.at/
STEIERMARK
INNOVA Frauen- und Mädchen-Servicestelle, Feldbach http://www.innova.or.at/frauen-maedchenservicestelle
Frauenservice Graz https://www.frauenservice.at/
mafalda – Beratungsstelle für Mädchen und junge Frauen, Graz http://www.mafalda.at/
Frauen & Mädchenberatung Hartberg-Fürstenfeld http://www.frauenberatunghartberg.org
verein freiraum, Frauenservicestelle Leibnitz http://www.verein-freiraum.at/
novum – Zentrum für Frauen und Mädchen, Murau http://www.novum.co.at/
TIROL
DOWAS für Frauen – Durchgangsort für wohnungs- und arbeitssuchende Frauen, Innsbruck http://www.dowas-fuer-frauen.at/
FIB - Frauen im Brennpunkt, Innsbruck & Landeck http://www.fib.at/
Evita – Mädchen- und Frauenberatungsstelle, Kufstein http://www.evita-frauenberatung.at/
Frauenzentrum Osttirol, Lienz http://www.frauenzentrum-osttirol.at/
Verein V_ega – Frauen*BerufsZentrum Osttirol, Lienz Email: fbz.osttirol@v-ega.at
BASIS - Frauenservice und Familienberatungsstelle im Außerfern, Reutte http://www.basis-beratung.net/
VORARLBERG
Verein Amazone, Bregenz http://www.amazone.or.at/
abz*austria FBZ Vorarlberg, Bregenz http://www.abzaustria.at/
WIEN
Frauen*beraten Frauen*, 1010 Wien http://www.frauenberatenfrauen.at/
Orient Express - Beratungs-, Bildungs- und Kulturinitiative für Frauen, 1020 Wien http://www.gegen-zwangsheirat.at/ ; http://www.orientexpress-wien.com/
AÖF – Verein autonome österreichische Frauenhäuser. Informationsstelle gegen Gewalt, 1050 Wien http://www.aoef.at/
LEFÖ – Beratung, Bildung und Begleitung für Migrantinnen, 1050 Wien http://www.lefoe.at/
NINLIL – Empowerment und Beratung für Frauen mit Behinderung, 1110 Wien http://www.ninlil.at/
Peregrina - Bildungs-, Beratungs- und Therapiezentrum für Immigrantinnen, 1110 Wien http://www.peregrina.at/
abz*austria FBZ Wien, 1110 Wien http://www.abzaustria.at/
abz*beratung für frauen, 1120 Wien http://www.abzaustria.at/
sprungbrett für mädchen, 1150 Wien http://sprungbrett.or.at/
Miteinander Lernen -Birlikte Öğrenelim, 1160 Wien http://miteinlernen.at/
notruf.beratung für vergewaltigte frauen und mädchen, 1170 Wien http://www.frauenberatung.at/
Frauen- und Familienberatungsstelle TAMAR, 1200 Wien http://www.tamar.at/
Anhang 2:
Literaturtipps
LITERATUR ZU FEMINISTISCHER, GENDERSENSIBLER BERATUNG
aep – informationen (2016): Bissige Geschichten. Feminismen, Humor und Widerstand. Eine Textsammlung zu psychosozialer Beratung als feministische Strategie von Frauen* beraten Frauen*, (Hg.) v. Macke, Karin und Zehetner, Bettina. Innsbruck
Boll, Silke; Degener, Theresa; Ewinkel, Carola; Hermes, Gisela; Kroll, Bärbel; Lübbers, Sigrid; Schnartendorf, Susanne (Hg.innen) (1985). Geschlecht behindert. Besonderes Merkmal: Frau. Ein Buch von behinderten Frauen. AG SPAK
Bundesverband Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe e.V. (2013): Handreichung zur Qualitätsentwicklung und Qualitätssicherung in der Beratungsarbeit der Frauennotrufe und Frauenberatungsstellen, Berlin: Online: https://www.frauen-gegen-gewalt.de/buch-leitfaden/handreichung-zur-qualitaetsentwicklung.html
Czollek, Leah Carola; Perko, Gudrun, Weinbach, Heike (2009): Lehrbuch Gender und Queer – Grundlagen, Methoden und Praxisfelder, Beltz Juventa
Frauen beraten Frauen. Institut für frauenspezifische Sozialforschung (Hg.in) (2010): In Anerkennung der Differenz. Feministische Beratung und Psychotherapie. Gießen: Psychosozial Verlag
Gröning, Katharina; Kunstmann, Anne-Christin; Neumann, Cornelia (Hg.innen) (2015): Geschlechtersensible Beratung. Traditionslinien und praktische Ansätze. Gießen: Psychosozial Verlag
Grossmass, Ruth (2000): Psychische Krisen und sozialer Raum. Eine
Sozialphänomenologie psychosozialer Beratung. Tübingen: dgvt-Verlag
Hermes, Gisela; Rohrmann, Eckehard (2006). Nichts über uns – ohne uns. AG SPAK
Hutfless, Esther; Zach, Barbara (Hg.innen) (2017): queering psychoanalysis. Wien: Zaglossus
Prengel, Annedore (2006): Pädagogik der Vielfalt: Verschiedenheit und Gleichberechtigung in Interkultureller, Feministischer und Integrativer Pädagogik (Schule und Gesellschaft), VS, (3. Aufl.)
Schigl, Brigitte (2012): Psychotherapie und Gender. Konzepte, Forschung, Praxis. Welche Rolle spielt die Geschlechtszugehörigkeit im therapeutischen Prozess? Wiesbaden: VS Springer
Sickendiek, Ursel (2007): Feministische Beratung. In: In: Nestmann, Frank; Engel, Frank, Sickendick, Ursel (Hg.Inen): Das Handbuch der Beratung. Band 2. Tübingen: dgvt-Verlag, S. 765–779.
Tatschmurat, Carmen (2004): Gender Troubles in der Beratung. In: Nestmann, Frank; Engel, Frank; Engel; Sickendick, Ursel (Hg.Inen): Das Handbuch der Beratung. Band 1. Tübingen: dgvt-Verlag, S. 231-244
Verein Ninlil (Hg.) (2017). Beratung für gewaltbetroffene Frauen* mit Lernschwierigkeiten*. Leitfaden für Beraterinnen* in Frauen*beratungseinrichtungen
Zehetner, Bettina (2010): Feministische Trennungsberatung. Von der Abhängigkeit über die Ambivalenz zur Autonomie. In: Frauen beraten Frauen. Institut für frauenspezifische Sozialforschung (Hg.in): Feministische Beratung und Psychotherapie. Gießen: Psychosozial Verlag, S. 99-111. (zum Download auf: http://homepage.univie.ac.at/bettina.zehetner/)
Zehetner, Bettina (2012): Krankheit und Geschlecht. Feministische Philosophie und psychosoziale Beratung. Wien/Berlin: Turia + Kant. Volltext im Download: http://homepage.univie.ac.at/bettina.zehetner/
Zehetner, Bettina (2017): Berührbarkeit, Verletzlichkeit und Geschlecht. Gewalt in Paarbeziehungen und feministische psychosoziale Beratung. In: Buchhammer, Brigitte (Hg.in): Lernen, Mensch zu sein. Women Philosophers at Work. A Series of SWIP Austria. Wien: LIT-Verlag, S. 213-226.
LITERATUR ZU FEMINISTISCHER THEORIE UND PRAXIS
Andresen, Sünne; Koreuber, Mechthild; Lüdke, Dorothea (Hg.innen) (2009): Gender und Diversity: Albtraum oder Traumpaar? Interdisziplinärer Dialog zur Modernisierung von Geschlechter- und Gleichstellungspolitik, VS Verlag
Butler, Judith (1991): Das Unbehagen der Geschlechter. Frankfurt/ M.: Suhrkamp
Dackweiler, Regina-Maria; Schäfer, Reinhild (Hg.innen) (2002): Gewalt-Verhältnisse. Feministische Perspektiven auf Geschlecht und Gewalt. Frankfurt/M.; New York: Campus
Degele, Nina; Winkler, Gabriele (2007): Intersektionalität als Mehrebenenanalyse. http://www.feministisches-institut.de/intersektionalitaet/
Franke, Yvonne; Mozygemba, Kati; Pöge, Kathleen; Ritter, Bettina; Venohr, Dagmar (Hg.innen) (2014): Feminismen heute. Positionen in Theorie und Praxis. Bielefeld: transcript
Grisard, Dominique; Jäger, Ulle; König, Tomke (Hg.innen) (2013): Verschieden sein. Nachdenken über Geschlecht und Differenz. Sulzbach/Taunus: Ulrike Helmer Verlag
Gröning, Katharina (2016): Sozialwissenschaftlich fundierte Beratung in Pädagogik, Supervision und Sozialer Arbeit. Gießen: Psychosozial-Verlag
Hermann, Judith (2014): Die Narben der Gewalt. Traumatische Erfahrungen verstehen und überwinden. Junfermann Verlag, Paderborn
Knapp, Gudrun-Axeli (2012): Im Widerstreit. Feministische Theorie in Bewegung. Wiesbaden: Springer (Intersektionalität)
Kratz, Käthe; Trallori, Lisbeth N. (Hg.innen) (2013): Liebe, Macht und Abenteuer. Zur Geschichte der Neuen Frauenbewegung in Wien. Wien: Promedia
Mauerer, Gerlinde (Hg.in) (2010): Frauengesundheit in Theorie und Praxis. Feministische Perspektiven in den Gesundheitswissenschaften. Bielefeld: transcript
Penny, Laurie (2017): Bitch Doctrin. Gender, Macht und Sehnsucht. Hamburg: Nautilus
Schmidbaur, Marianne; Lutz, Helma; Wischermann, Ulla (Hg.innen) (2013): Klassikerinnen feministischer Theorie. Band III Grundlagentexte ab 1986, Sulzbach/Taunus: Ulrike Helmer Verlag
Steger-Mauerhofer, Hildegard (2009): Geschlechterbild in Scheidungsurteilen österreichischer RichterInnen. Genderspezifische Analyse von Scheidungsurteilen: Saarbrücken: VDM Verlag Dr. Müller
Teuber, Kristin (2004): Hautritzen als Überlebenshandlung. Selbstverletzendes Verhalten von Mädchen und Frauen. In: Rohr, Elisabeth (Hg.in): Körper und Identität. Gesellschaft auf den Leib geschrieben. Königstein/Taunus, S. 128–143
Teuber, Nadine (2011): Das Geschlecht der Depression. Bielefeld: transcript Verlag
Thürmer-Rohr, Christina (1990): Mittäterschaft und Entdeckungslust. Zur Dynamik feministischer Erkenntnis. Berlin: Orlanda Frauenverlag
Wallner, Claudia (2006): Feministische Mädchenarbeit: Vom Mythos der Selbstschöpfung und seinen Folgen, Klemm
Walter, Natascha (2011): Living Dolls. Warum junge Frauen heute lieber schön als schlau sein wollen. Frankfurt/ M.: Krüger Verlag
Wetterer, Angelika (2003): Rhetorische Modernisierung: Das Verschwinden der Ungleichheit aus dem zeitgenössischen Differenzwissen. In: Knapp/ Wetterer (Hg.innen): Achsen der Differenz II Münster, S. 286 – 319
LITERATUR ZU RASSISMUSKRITIK, BERATUNG VON MIGRANTINNEN
Castro Varela, María do Mar (2010): Un-Sinn: Postkoloniale Theorie und Diversity, in: Kessl, Fabian; Plößer Melanie (2010): „Differenzierung, Normalisierung, Andersheit. Soziale Arbeit als Arbeit mit den Anderen“, VS Verlag, S. 249-262
Mecheril, Paul (2009): Die Kulturalisierung der Psyche. Über die Konstruktion von Fremdheit und die Konsequenzen für die psychosoziale Arbeit in der Migrationsgesellschaft. In: Migrazine 2009/2: http://www.migrazine.at/artikel/die-kulturalisierung-der-psyche
Melter, Claus (Hg.)(2015): Diskriminierungs- und rassismuskritische Soziale Arbeit und Bildung. Praktische Herausforderungen, Rahmungen und Reflexionen. Beltz Juventa: Weinheim und Basel
Raburu, Maureen (1998): Interkulturelle Teams. Sprachlosigkeit und verwobene Machtstrukturen. Zum Rassismus im Alltag feministischer Frauenprojekte. In: Castro Varela, María do Mar (u. a.): Suchbewegungen. Interkulturelle Beratung und Therapie. Tübingen:
dgvt-Verlag, S. 213 – 223
Rommelspacher, Birgit (2012): Kulturelle Grenzziehungen in der Sozialarbeit: Doing und undoing differences. In: Herbert Effinger (Hg.): Diversität und Soziale Ungleichheit. Analytische Zugänge und professionelles Handeln in der Sozialen Arbeit. Opladen: Budrich. Online:http://www.birgit-rommelspacher.de/pdfs/Kulturelle_Grenzziehungen_A.pdf
WEITERE TOOLS
Aktuelle Filme und TV-Spots zum Thema Gewalt(schutz) der Frauenhelpline: https://www.youtube.com/results?search_query=frauenhelpline
Zehetner, Bettina: Philosophie im Gespräch auf Okto-TV, 30.10.2017 eine Stunde zum Thema feministische Theorie und Frauenberatung: https://okto.tv/de/oktothek/episode/19793
Rezensionen zu feministischer Literatur:
http://www.frauenberatenfrauen.at/rezensionen.html#rez